Mit Bleistift ist zart ein abgeflachter Berg gezeichnet. In seinem Inneren ist eine dreistufige Pyramide gelb hervorgehoben. Dabei handelt es sich um die Pyramide in Meidum, die Wolfgang Laib auf einer seiner Reisen fotografisch festhält. Sie ist die älteste Pyramide in Ägypten. Unter ihr ist in der Zeichnung ein vertikales Rechteck zu sehen. Es verweist auf den Eingang eines engen Raums, den Laib ein Jahr vor der Entstehung der Zeichnung anfertigt. Seine Wände kleidet er mit Wachs so aus, dass sie an das Gemäuer alter Pyramiden erinnern.
Am Fuß des gezeichneten Bergs sind zwei gestufte Tempeltürme, sogenannte Zikkurats, in ihren Umrissen dargestellt. Eine Zikkurat gleicht einem Berg, dessen Gipfel über Treppen zu erreichen ist. Sie versinnbildlicht die Sehnsucht des Menschen, das Irdische zu verlassen und Kontakt mit dem Göttlichen aufzunehmen.
Ganz unten in der Zeichnung ist der Titel des Werks zu lesen: »La chambre des certitudes – la certitude c'est l'imaginaire« (dt.: »Das Zimmer der Gewissheiten – die Gewissheit ist die Vorstellung«). Wolfgang Laib bezieht sich damit einerseits auf den genannten Wachsraum, andererseits auf die Natur als Ort, an dem sich für ihn der Mensch als Teil eines übergeordneten Ganzen erfahren kann. Laibs Daseinsauffassung ist von fernöstlicher Philosophie im Sinne einer zeitlosen kosmischen Ordnung geprägt.
Werkdaten
- Inventarnummer: 2003-012
- Material / Technik: Wachskreide und Bleistift auf Papier
- Creditline: Kunstmuseum Stuttgart